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Schornsteinfeger

Aus U-Boot-Archiv Wiki

Schornsteinfeger war zunächst die Deckbezeichnung für eine ganze Reihe von Materialien oder Maßnahmen, die durch absorbierende oder streuende Wirkung die Entdeckung von Ubooten mittels Radar erschweren oder gar unmöglich machen sollten. Man versuchte damit, ein "schwarzes", also nicht reflektierendes Uboot zu schaffen; mit Sicherheit ist hier die Erklärung für die Wahl des Decknamens zu suchen.
Das Material dieses Überzugs, das unter dem Projektnamen Schornsteinfeger von Johannes Jaumann zusammen mit der IG Farben ab 1943 entwickelt wurde und im Frühjahr 1944 Einsatzreife erlangte, bestand aus einer Aufeinanderfolge leitfähiger Schichten, deren Leitfähigkeit von außen nach innen bis zur Metallwand des Schnorchels ansteigt. Die einzelnen Schichten werden durch dielektrische Stützschichten mit sehr niedriger Dielektrizitätskonstante voneinander getrennt. Eine auftreffende Radarwelle wird, je tiefer sie eindringt, von dieser Haut mehr und mehr absorbiert. Die Energie der Welle wird im Idealfall vollständig in Wärme umgewandelt. Durch den mehrlagigen Aufbau ist die Wirkung des Jaumann-Absorbers weniger abhängig von Frequenz und Einfallswinkel.
Eine Variante zur Umsetzung der angestrebten Ziele im Frequenzbereich oberhalb von 180 MHz (1,7 m Wellenlänge) war die Absorption der elektromagnetischen Wellen durch ein am Außenschiff angebrachtes Dipolgitter, in dem je zwei Dipole über 100 Ohm-Widerstände verbunden waren.
Eine zweite Variante nutzte ein schmal- bzw. breitbandiges Netzwerk aus 120 bzw. 377 Ohm-Widerständen, die in Lamba/4-Abständen in einer Schaumstoffschicht eingebettet worden waren (sogenanntes "Bachem-Netz" nach dem Verantwortlichem Dr. Bachem). Ein damit versehener Turm sah aus, als wäre er im Abstand von 40 cm zur Turmwand in ein grobmaschiges Gitter aus Hühnerdraht mit einer Maschenweite von 30 - 40 cm gehüllt worden. Die Reflexionsrate konnte teilweise bis auf 5 % im Vergleich zum ungeschützten Turm gesenkt werden. Allerdings war die Anbringung wenig seefest und die Wirkung beschränkte sich auf relativ schmale Frequenzbereiche (f +/- 15 %), stand also beim Aufwand in keinem Verhältnis zum erreichbaren Nutzen. Diese zweite Variante ist in F. Trenkle: "Die deutschen Funkstörverfahren bis 1945" fotographisch belegt und wurde laut E. Rössler: ,"Geschichte des deutschen Ubootbaus", Band 2, 1987, S. 324f. auf U 968 installiert. Das zuerst erwähnte Dipolgitter wurde auf U 708 Ende 1943/44 erprobt.
Gegen Radarstrahlung im cm-Bereich versuchte man, mit verschiedenen Absorptionsschichten (sogenannte "Sümpfe", z.B. Dielektrischer S., Leitwert-, Magnetischer S., Düppel- und Interferenz-), mit Streuschichten (blasen-, wellen- oder pyramidenförmige Oberflächen) und über ,,abweisende Tarnungen" (Verkleidung des Außenschiffes mit parabolisch geformten Metallnetzen oder Metallflächen, die sicherstellen sollten, dass keine Strahlung in Richtung des Empfängers gelangt) die Entdeckung der Uboote zu erschweren. Nach Rössler war U 390 Ende 1943 im Rahmen der Tests der Absorptionsschichten eingesetzt, an U 1277 wurden im Sommer 1944 "abweisende Tarnungen" in Form von parabolischen Blechen erprobt.
Der Interferenzsumpf mit dem charakteristischen Waffelmuster, der nach seinem Erfinder Professor Wesch auch als Wesch-Matte bezeichnet wurde, sollte später für die Tarnung kleinerer Bootsteile, die unbedingt über Wasser bleiben mussten (Schnorchelköpfe), zum "Schornsteinfeger"-Material im engeren Sinne werden. Diese Maßnahme konnte die Reflexionsrate im Wellenlängenbereich von 3 cm bis 20 cm auf durchschnittlich etwa 10 % reduzieren.
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