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Aus U-Boot-Archiv Wiki

Akkumulatoren Fabrik Aktiengesellschaft Berlin - Hagen
Ursprünglich als Accumulatoren-Fabrik Tudor’schen Systems Büsche & Müller oHG, am 27.12.1887 im Hagener Ortsteil Wehringhausen von Adolph Müller gegründet. Er hatte das große Marktpotenzial für Akkumulatoren zu dieser Zeit erkannt. Neben Paul Büsche waren mehrere Unternehmer und Bankiers aus Hagen als stille Teilhaber beteiligt. Im Jahr 1888 begann das Unternehmen mit der industriellen Fertigung von ortsfesten Bleiakkumulatoren nach der Konstruktion von Henri Owen Tudor, einem Ingenieur aus Rosport (Luxemburg). Der Kapitalanteil von Paul Büsche wurde durch den Ingenieur Paul Einbeck übernommen. Daher wurde die Firma am 01.011889 in Accumulatoren-Fabrik Tudor’schen Systems Müller & Einbeck oHG geändert. Um der Konkurrenz der beiden Elektrokonzerne Siemens und AEG zu entgehen, die ebenfalls die Produktion von Bleiakkumulatoren aufgenommen hatten, strebte Adolph Müller eine Kooperation mit diesen an. Nach Abschluss der Verhandlungen wurde unter Kapitalbeteiligung der oben genannten Konzerne und unter Mitwirkung der Deutschen Bank das Unternehmen am 01.01.1890 in die Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft (AFA) umgewandelt. Als erstes Tochterunternehmen der AFA wurde 1890 die Generalrepräsentanz Wien mit eigener Fabrikation gegründet.
Um jedem möglichen Patentstreit aus dem Wege zu gehen, erwarb die AFA am 04.04.1890 die Lizenzrechte für Deutschland des Patents von Camille Alphonse Faure über auf die Bleiplatten aufgetragene Bleioxide. Der Besitz dieses Patentrechts ermöglichte der AFA ganz unerwartet strategische Maßnahmen größeren Ausmaßes. In den Jahren 1890 bis 1896 und darüber hinaus führte das Unternehmen gegen die zahlreichen deutschen Konkurrenten Patentverletzungsklagen, die zugunsten der AFA entschieden wurden. Somit konnte die AFA ihre Dominanz auf dem Markt weiter stärken und ihre technische Basis ausbauen. Die AFA wurde ab 1894 an der Berliner Börse notiert. Im Jahr 1897 verlegte die AFA ihre Hauptverwaltung nach Berlin.
1904 erwarb die AFA die Watt Accumulatoren-Werke AG, die an ihrem Standort Berlin-Oberschöneweide tragbare Akkumulatoren herstellte. Diese wurden für Taschenlampen, Telegraphen und Signalapparate verwendet. Das Werk wurde zum zweitwichtigsten Standbein des Konzerns, seine Vertriebsgesellschaft namens Varta (Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren) weltbekannt. Die bei den Watt-Werken entwickelte Gitterplatte wurde Ausgangspunkt für die Entwicklung der Starterbatterie für Automobile, die ab 1920 in die Fertigung ging.
Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs das Unternehmen schnell. 1912 erwirtschafteten etwa 4000 Beschäftigte im Deutschen Reich einen Umsatz von rund 31,4 Millionen Mark. Bis 1914 wurden im In- und Ausland zahlreiche Werke und Tochterunternehmen gegründet oder übernommen, und zwar in Österreich (1890), Schweiz (1892), Russland (1897), Ungarn (1904), Galizien (1906), Italien (1907), Böhmen (1909), Rumänien (1911) und Schweden (1914).
Bis 1904 erwarb die AFA einen Großteil des Kapitals von The Tudor Accumulator Company Limited in England. 1912 schloss sie einen sogenannten „Freundschaftsvertrag“ mit den Firmen Société de l'Accumulateur Tudor (Paris) und Société Anonyme Accumulateurs Tudor (Brüssel). Daraus ergab sich eine erhebliche Ausweitung ihres Wirkungsbereiches. Im Zuge dieser Entwicklung wurde 1924 auch das Akkumulatorenwerk für Tudor- & Edinson-Akkumulatoren in Hirschwang nach Liesing im Süden Wiens verlegt.
1905 entstand zusammen mit Siemens und AEG die Gesellschaft für elektrische Zugbeleuchtung, abgekürzt GEZ, mit Sitz in Berlin. 1913 wurde die Deutsche Edison-Akkumulatoren-Company DEAC, die 1905 in Berlin zur Herstellung von Stahlakkumulatoren nach Edison-Bauart gegründet worden war, übernommen. Im Stammwerk in Hagen wurden zu dieser Zeit hauptsächlich große ortsfeste Blei-Akkumulatoren produziert. Bereits 1904 wurde die erste U-Boot-Batterie geliefert. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion zunehmend auf die Bedürfnisse des Militärs umgestellt. Beispielsweise war das Werk in Hagen der einzige Produzent von U-Boot-Batterien im Deutschen Reich. Daher plante die britische Admiralität bereits im Ersten Weltkrieg Luftangriffe auf das AFA-Werk in Hagen.
Nach der Niederlage Deutschlands am Ende des Ersten Weltkrieges verlor die AFA ihre Tochtergesellschaften in England, Russland, Rumänien und Galizien. Dank qualitativ hochwertiger Produkte konnte sie jedoch bald ihre Geschäftstätigkeit im zivilen Bereich wieder aufnehmen.
Ab 1922 nutzte der Industrielle Günther Quandt momentane wirtschaftliche Fluktuationen, um systematisch Anteile an der AFA zu erwerben. Die Geschäftsleitung der AFA konnte sich nicht gegen diese Aktionen wehren, die als feindliche Übernahme empfunden wurden. Nach dem Erwerb der Aktienmehrheit wurde Quandt am 13.06.1923 Aufsichtsratsvorsitzender der AFA, 1938 Vorstandsvorsitzender. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die AFA zu einem bedeutenden Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten und Industriebeteiligungen der Familie Quandt.
1926 erwarb die AFA die 1922 in Hamburg gegründete Pertrix Chemische Fabrik Aktiengesellschaft. Im neuen Pertrix-Werk in Berlin-Niederschöneweide entstanden Trockenbatterien und Taschenlampen. Unter den Produkten dieses Werkes sind insbesondere die Anodenbatterien für Rundfunkempfänger zu erwähnen. 1927 übernahm die AFA die 1921 gegründete Grubenlampenfabrik Dominit-Werke GmbH aus Dortmund. 1939 änderte sich die Gesellschaftsform der Pertrix und Dominit-Werke, die Aktiengesellschaften wurden zu Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Beide Unternehmen blieben aber Tochterunternehmen der AFA.
In Hannover-Stöcken errichtete die AFA von 1936 bis 1938 ein neues Werk, das ausschließlich für die Kriegsmarine Akkumulatoren für U-Boote und Torpedos herstellte.
Viele U-Boote der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg waren mit Akkus aus dem AFA-Werk Hannover-Stöcken ausgerüstet
Günther Quandt gehörte zur Elite der deutschen Wirtschaft, die die Rüstungspolitik Hitlers bejahte und aktiv unterstützte. Er sympathisierte ab 1931 mit der NSDAP, auch durch die Vermittlung von Goebbels, der seine Ex-Frau Magda Behrend geheiratet hatte. 1937 wurde Quandt zum Wehrwirtschaftsführer ernannt.
Die AFA war Hauptlieferant von Antriebsbatterien für U-Boote, vorwiegend der Typen VII, IX und XXI, Torpedos (G 7e/G 7es), sowie Bordbatterien der Fernrakete V2.
1943 gründete Quandt einen Fertigungsstandort größeren Ausmaßes in Posen. Dieses Werk zeichnete sich durch seine überaus rationale Raumaufteilung aus, wodurch der Aufwand an Transportvorgängen auf ein striktes Minimum reduziert wurde.
In den Betrieben der AFA in Hagen, Hannover-Stöcken, Posen und Wien wurden während des Zweiten Weltkrieges neben ausländischen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen auch KZ-Häftlinge zur Sicherung der „kriegswichtigen Produktion“ eingesetzt. Hunderte von inhaftierten Frauen verrichteten im Pertrix-Werk von Niederschöneweide Zwangsarbeit. Die Betriebe der AFA gehörten zu den wenigen Orten, wo Häftlinge von Konzentrationslagern in Kontakt mit der Zivilbevölkerung kamen. Die für das Personal gültigen Sicherheits- und Hygienevorschriften wurden allerdings bei den Häftlingen nicht angewandt. Sie waren u. a. Gefahren durch die Handhabung mit giftigem Blei ausgesetzt, unterernährt und erschöpft.
In Hannover gehörten die Häftlinge zum Außenlager KZ Stöcken (Akkumulatorenwerke) des KZ Neuengamme. Das Lager bestand zwischen Juli 1943 und April 1945 direkt neben dem Werksgelände der Akkumulatorenfabrik. Rund 400 der durchschnittlich 1.500 Häftlinge starben an den schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie einem Todesmarsch zum KZ Bergen-Belsen im April 1945. Etwa 600 marschunfähige Häftlinge wurden nach Gardelegen transportiert, wo sie in der Isenschnibber Feldscheune ermordet wurden.
Günther Quandt war bestrebt, auch das Tudor-Werk in Florival bei Wavre in sein Industrie-Imperium einzuverleiben. Dieses Werk stand unter der Leitung von Léon Laval, dem Schwiegersohn von Henri Tudor. Im Jahre 1942 beanspruchte Quandt die Dienste der Gestapo, um Laval zu einer Verhandlung über eine Anteilnahme der AFA zu zwingen. Laval war unnachgiebig. Er wurde sogleich in Luxemburg und später bis Kriegsende in Deutschland inhaftiert. Das Werk Florival blieb der AFA jedoch vorenthalten.
Gegen Kriegsende erlitt das Stammwerk in Hagen durch alliierte Luftangriffe starke Beschädigungen.
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